Diesen Monat bin ich in meinen Seminaren und Workshops besonders mit dem Thema Konfliktmanagement befasst. Dazu arbeite ich mit Führungskräften unterschiedlicher Branchen an konkreten Konfliktthemen aus dem Unternehmensalltag. Quer durch alle Branchen und Unternehmen fragen meine SeminarteilnehmerInnen: „Wie kann eigene negative Emotionen loswerden?“ „Wie kann ich mit schwierigen Menschen in meinem beruflichen Umfeld umgehen?“
Dazu möchte ich einige Anregungen geben: Erstens gibt es keine negativen Emotionen: Wut, Ärger, Enttäuschung und Frustration sind Signale, die uns anzeigen, dass etwas nicht stimmt. Meist sind es Bedürfnisse nach Respekt, Zugehörigkeit, Wertschätzung und Vertrauen, die nicht erfüllt sind. Wenn wir die Verantwortung für unsere Gefühle übernehmen, können wir sie als Wegweiser nutzen, um herauszufinden, was wir brauchen und uns dafür einzusetzen.
Zweitens ist die „schwierige Person“ der Coach: Sie oder er lenkt den Blick zurück auf eigene Verhaltensweisen, auf abgewehrte Anteile. Wir beziehen nur das auf uns, was mit uns zu tun hat. Das Verhalten des Gegenübers kann uns zu wichtigen Lebensthemen führen, die uns geprägt haben, wo wir gelitten und daraus Bewältigungsmuster entwickelt haben, die uns jetzt beengen. So gesehen fordert uns der Konflikt zur persönlichen Reifung und zum Wachstum heraus.
Konflikte auszutragen schließt immer den Schritt ein, sich selbst in seinen Gefühlen ernst zu nehmen, sich einer Auseinandersetzung zu stellen oder sich auf gesunde Weise abzugrenzen. Viele müssen es vollkommen neu lernen, Konflikte auszutragen, manche, eine konstruktive Form zu entwickeln. Manche müssen überhaupt erst wieder lernen, ihre Gefühle und Bedürfnisse wahrzunehmen. Das bedeutet auch, dass man oft lange üben muss und sich von Rückschlägen nicht entmutigen lassen darf.
Denn erst, wenn wir uns ernst nehmen und unsere Bedürfnisse zum Ausdruck bringen, kann der Andere uns ernst nehmen, uns sehen, selbst Verantwortung übernehmen. Erst wenn wir uns mit unseren Gefühlen einbringen, kann der Andere uns wahrnehmen. Sollte unser Gegenüber kein Interesse an einer klärenden Auseinandersetzung haben, bleibt immer noch die Abgrenzung als Mittel der Wahl.
Nicht ausgetragene Konflikte führen dagegen zu innerem Rückzug und Abwendung, letztlich untergraben sie jede Beziehung. Sie behindern den Kontakt, die Verbindung: weil wir uns selbst von unseren Bedürfnissen abschneiden, schneiden wir auch die Verbindung zum Gegenüber ab. Während ein stiller Konflikt den nächsten nach sich zieht und so allmählich die Atmosphäre verdirbt, kann ein offener Dissens sogar die Beziehung vertiefen.
Konfliktvermeidung führt keineswegs zu ihrer Entschärfung, sondern im Gegenteil oft wiederum zu Konflikten. Diffusität und Unklarheit produzieren Enttäuschung und Ärger, lassen viel Platz für Phantasien. Es ist leicht zu erkennen, dass z.B. ein klares „Nein“ konstruktiver ist als ein ausweichendes Wegbleiben oder Nicht-Antworten.
Der berühmte Soziologe Ralf Dahrendorf meinte dazu: »Konflikt ist Freiheit, weil durch ihn allein die Vielfalt und Unvereinbarkeit menschlicher Interessen und Wünsche in einer Welt notorischer Ungewissheit angemessen Ausdruck finden kann.«